Mittwoch, 5. September 2012

langsam...

...erwacht frau neugeboren aus einem tiefen schlaf. sie räkelt sich in weichen biberlaken, spürt dass sie nichts trägt ausser einem kleinen verwunderten lächeln im gesicht. da war doch was? eine erinnerung an eine nacht, an einen traum, an eine leidenschaft, die lange zeit geschlafen hat unter einem mantel aus funktionstüchtigkeit.
sie öffnet die augen und alles ist neu. der apfelbaum trägt frische äpfel, die milchige septembersonne glitzert fein, tautropfen hängen an blättern und halmen.
unwillkürlich fasst sie sich an den arm, betastet den verband und langsam kommt die erinnerung zurück, die einstürzende glaswand der dusche, der schnitt, spritzendes blut, der anruf beim notdienst, die nebel der ohnmacht, vereinzelte bilder aus dem krankenwagen, eine offene wunde, spritze... dunkelheit.
aus der dunkelheit erhebt sich eine figur, eine wallende frau, üppig und sanft, schaut in ihre augen und fragt:
-ist dies wirklich dein leben? das leben von dem du geträumt hast? das leben, für das du brennen möchtest?
und sie schrie:
-NEIN! ich ersticke hier, ich funktioniere, ich bediene die wünsche anderer, ich weiss nicht mehr wer ich bin!
die wallende frau lächelt und schliesst sie in ihre arme, weiche ruhe, selige geborgenheit umfassen sie.
-ich will nach hause! denkt sie noch und fühlt, wie sie eine rutsche hinunterrutscht, fällt und fällt in einen leeren raum. alles wird still. da ist weite und sonst nichts. doch! ein leises rumoren, wie ein sanfter schnurrender motor in weiter ferne. lansam kommt das geräusch näher und nimmt sie mit in ein lichtermeer... golden, rot schimmert es von allen seiten und dann wird sie hineingesaugt in etwas weiches grosses und wie ausgespuckt landet sie in ihrem körper, schlafend, leicht benebelt.
-werde neu geboren...!, hört sie noch die warme stimme der wallenden frau, dann wird es still und sie hört einen atem, tief und ruhig, ihr eigener tiefschlafender atem.

ihre freundin melissa hat sie abgeholt aus dem krankenhaus, nach hause gebracht, ist mit dem hund gelaufen, hat eine heisse suppe gekocht und sie in die frischen laken gesteckt. die wallende frau ist immer noch da, weiter entfernt, ohne gesicht, aber frau neugeboren kann sie spüren, wie sie fragt:
-was ist dein impuls?
nackt sein, denkt sie, und zieht ihre schlafkleider aus. die ganze nacht hält die wallende frau sie im arm. sie schläft wie ein neugeborenes, in einem raum zwischen wachen und schlaf, sie hört jeden einzelnen atemzug in ihren lungen, spürt jeden zentimeter ihrer haut.
neu geboren. so fühlt sie sich. offen, berührbar, zart und verletzlich. alles nochmal auf null.


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